2024 steht im Zeichen der EU-Wahlen. Dieses Jahr dreht sich alles um gesellschaftspolitische Kommunikation. Die Designgespräche untersuchen, welche Rolle wir als Designer*innen hierbei spielen und welche Verantwortung sich für unsere Branche ergibt. Wir waren als Speaker im Landtag Rheinland-Pfalz zu Gast. In unserem Vortrag sprachen wir über die Problematik politischer Kommunikation und führten einen klaren Appell an, was sich in der Informationskultur verändern muss, damit nicht nur politisch versierte Akteure etwas zu sagen haben, sondern alle Bürger*innen zum Mitsprechen eingeladen werden.
Den Auftakt unserer Keynote hatten wir mit einer einfachen Frage eingeleitet:
„Soll die EU eigene Steuern erheben dürfen?“ Einfach für die einen, kompliziert für die anderen. Wir hatten enthüllt, dass es sich hierbei um die erste Frage des Wahl-O-Mats zu den diesjährigen Europawahlen handelt – ein Informationsangebot der Bundeszentrale für politische Bildung. Unserer Meinung nach müssen Nutzer*innen hierfür sehr viel Hintergrundwissen über die EU-Politik mitbringen oder umfangreiche Recherchen anstellen. Eine Voraussetzung, die wir in Anbetracht der Reichweite des Wahl-O-Mats kritisieren. Die Plattform hatte allein nach den ersten 4 Tagen der Thesen-Veröffentlichungen über 10 Millionen Klicks verzeichnet.
Es ist wenig verwunderlich, dass die einfachen und häufig populistischen Aussagen von Parteien und Presse bei der Bevölkerung besser ziehen als umfangreiche und komplizierte Wahlprogramme. Diese Art der Kommunikationskultur verhindert einen produktiven politischen Austausch. Wenn wir daran etwas ändern wollen, müssen politisch komplexe Themen attraktiver und verständlicher aufbereitet werden, sodass alle mitreden können.
Wir denken, dass Initiativen wie der Wahl-O-Mat eine Verantwortung gegenüber den Bürger*innen besitzen: ihnen zugängliches und neutral aufbereitetes Wissen zur Verfügung zu stellen. Unser Vorschlag sind kurze Info- und Erklärvideos, die den User*innen in knackigen 90 Sekunden dabei helfen, die komplizierten Thesen selbstbestimmt zu beantworten.
Als Videoagentur wissen wir mehr über die Vorteile von Erklärvideos als jede*r andere. Entsprechend hatten wir in unserer Keynote einige gute Beispiele aufgeführt, wie politische und gesellschaftliche Themen zugänglich aufbereitet werden können. Wir hatten den YouTube-Kanal von Mirko Drotschmann aka MrWissen2go hinzugezogen, ebenso wie die erfolgreiche Videoserie „Kurzgesagt – in a Nutshell“.
Zweitere sind bekannt für ihre sehr aufwändig illustrierten und hervorragend recherchierten Erklärfilme. Der internationale Kanal besitzt eine Reichweite von über 22 Millionen Abonnent*innen und punktet bei den Zuschauer*innen durch ein grandioses Storytelling. Egal, wie kompliziert ein Thema sein mag, gut gemachte Erklärvideos begeistern ein Publikum. Sie motivieren Menschen dazu, sich tiefer mit Inhalten auseinanderzusetzen – sie prägen sich ein, sodass wir uns besser erinnern können und anderen Menschen davon erzählen möchten.
Animierte Videos sind eine kluge Möglichkeit, um den Zugang zur Politik zu vereinfachen. Das gilt nicht nur für politikinteressierte Bürger*innen, sondern auch für diejenigen, die sich tatsächlich aktiv in der Politik engagieren oder das möglicherweise vorhaben.
Einen solchen Beitrag hatte Herzblut & Bock zusammen mit dem Landtag 2014 umsetzen dürfen. Der Zweck hierfür war die Informations-Veranstaltung “Alltag von Frauen in der Kommunalpolitik – Empowerment, Netzwerk, Veränderung”, die im Februar in Koblenz (Rhein-Mosel-Halle) stattfand – mit der zentralen Frage, wie es gelingt, mehr Frauen für die Kommunalpolitik zu begeistern. Hierfür waren Sprecher*innen eingeladen, die über ihren politischen Alltag berichteten und darüber diskutierten, wie es möglich ist, mehr Empowerment und Vernetzung unter politisch engagierten Frauen zu bewirken.
Und das Veranstaltungsprogramm motivierend abzurunden, wurden drei animierte Biografien eingespielt, die zeigen, dass female Empowerment eigentlich schon immer da war und dass es auch schon immer Akteurinnen gab, die sich für politische Veränderung und Themen wie Gleichstellung eingesetzt haben. Wir haben die drei Heldinnen grafisch porträtiert und als animierte Collage umgesetzt. Das Ergebnis zeigt die Geschichte von Lucie Kölsch, Helene Rothländer und Dr. Mathilde Gantenberg. Drei Frauen, die zu großen politischen und patriarchalen Veränderungen beigetragen haben. Die emotionalen Porträts konnten nicht nur das Publikum in der Rhein-Mosel-Halle begeistern, sondern dienten als gelungene Untermauerung bei den Designgesprächen: Politik verständlich zu machen, und zwar mit gutem Design und kreativem Storytelling.
Nicht nur Herzblut & Bock hatte die Chance, einen gesellschaftspolitischen Beitrag zu den Designgesprächen zu leisten. Großartige Impulse von den Agenturen Studio.Schön und Heimat TBWA sowie der NGO HateAid rundeten das Programm ab. Vielen Dank an das Designforum Rheinland-Pfalz für die Organisationen einer solch wertvollen Veranstaltung.
Die Designgespräche haben uns in jeglicher Hinsicht sehr inspiriert und vor allen Dingen in unserer eigenen Position gestärkt. Es ist richtig und wichtig, was wir machen. Noch viel wichtiger ist, dass wir uns unserer Verantwortung im politischen Kontext bewusst geworden sind. Wir wollen zur politischen Bildung beitragen und Menschen – egal auf welchem Bildungsstand sie sich befinden – die Hand reichen und Politik für jede*n begreifbar machen. Weg von einem „Wen man wählen soll“, hin zu einem „Wenn man wählen will“.
Bildnachweis: janbema.com